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Artikel in der Prima Wochenende 09.09.2016 "Die Opfer in ihrer Not nicht allein lassen"

Opfer einer Straftat leiden häufig jahrelang körperlich und seelisch an den Folgen des Verbrechens. Wilhelm Dittjen, Leiter der Außenstelle beim WEISSEN RING in Neumünster, gibt ihnen eine Stimme.

Neumünster (pgo) – „Ich bin zufrieden, wenn ich richtig und gezielt helfen konnte“, sagt Wilhelm Dittjen, Leiter der Außenstelle beim WEISSEN RING in Neumünster. Seit 30 Jahren setzt sich der Kriminalkommissar im Ruhestand ehrenamtlich für Opfer von Gewaltverbrechen ein. Gemeinsam mit sechs Mitarbeitern konnte er dabei im vergangenen Jahr 106 Menschen in Not mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Ehrenamtler des WEISSEN RINGS stellen zum Beispiel Hilfeschecks für anwaltliche oder psychotraumatologische Erstberatungen oder rechtsmedizinische Untersuchungen aus und organisieren Umzugshilfen.
Wilhelm Dittjen hält Vorträge über die Arbeit der Hilfsorganisation und ist für die Weiterbildung vieler Mitarbeiter zuständig.
Nach wie vor leistet er aber auch praktische Arbeit, die auch rund um die Uhr erforderlich sein kann.
In langen Gesprächen mit den Opfern leistet er erste seelische Unterstützung vor Ort. „Mir taten die Opfer immer sehr leid, wenn ich sie nach einem Einsatz verlassen musste. Ich bin zur Polizei gegangen, um als Schutzmann zu fungieren. Das Opfer steht nach unserer Arbeit trotzdem erst einmal allein da. Die Aufgaben der Polizei an einem Einsatzort sind die Tatortaufnahme, Spurensicherung und Beweisführung. Sich um die Belange der Opfer zu kümmern, gehört nicht dazu. Dies war für mich als ,Freund und Helfer’ immer sehr unbefriedigend,“erzählt der 73-jährige von seiner beruflichen Tätigkeit.
Über einen Berufskollegen ist Dittjen dann vor 30 Jahren zum WEISSEN RING gekommen. „Ich übe diese Tätigkeit heute noch mit der gleichen Überzeugung aus wie am ersten Tag“, betont Dittjen, der inzwischen Mitglied der Bundesdelegation im WEISSEN RING ist. Besonders bewegen ihn Kinderschicksale oder sexueller Missbrauch. „Jedes Opfer verarbeitet das Verbrechen unterschiedlich. Manche werden die Angst ihr Leben lang nicht mehr los“.
In seinen langen Jahren bei der Polizei hat der Kriminalkommissar viel Dramatik erlebt. 14 Jahre gehörte er zum mobilen Einsatzkommando. Dort fahndete er nach den Mitgliedern der  Baader-Meinhof-Bande und hatte mit Terroristen und Schwerverbrechern zu tun. Danach war er polizeilicher Personenschützer der Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg und Uwe Barschel. „Ich habe immer die Herausforderung gesucht“, sagt Dittjen. In seinem Privatleben hat der Sport einen großen Stellenwert. Im Laufe seines Lebens betrieb er Leichtathletik, Kampfsport, Turnen, Schwimmen und Wasserball. Heute hält er sich mit Laufen, Schwimmen und Kraftsport fit und gesund. Unzählige Medaillen, Pokale und Urkunden zeugen von seinen Erfolgen.
„Ich würde mich freuen, wenn sich in Neumünster noch weitere zwei oder drei ehrenamtliche Mitarbeiter für den WEIKSSEN RING finden würden. Sie werden optimal geschult, bevor sie mit ihrer Tätigkeit beginnen“, so der engagierte Neumünsteraner.
Der WEISSEN RING wird in diesem Jahr 40 Jahre alt.
Die heute größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität wurde am 24. September von 17 Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen - darunter der bekannte Journalist und Moderator Eduard Zimmermann.